Zurück in die Zukunft: ein Dankeschön an Joachim Kaiser
Dort, wo bis 2017 das imposante Bonn-Center stand, entsteht derzeit der Neue Kanzlerplatz. Drei architektonisch attraktive Baukörper und ein öffentlicher Platz werden für Auffrischung des Bundesviertels sorgen. Joachim Kaiser, seinerzeit Bauleiter des Bonn-Centers, verfolgte die gesamte Abbruchphase und insbesondere die spektakuläre Sprengung der Immobilie mit gemischten Gefühlen. Schließlich war er es, der am 26. März 1968 die Verlegung des Grundsteines durch den damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller organisiert und anschließend die örtliche Bauleitung für das Bonn Center durchgeführt hat.
Und genau dieses steinerne Dokument – den Grundstein – wollte Joachim Kaiser nicht den Baggern überlassen. Dank seines guten Gedächtnisses und mit Hilfe der alten Abbildungen konnte die Position punktgenau ermittelt werden. Der Projektentwickler Art-Invest Real Estate gab seine Zustimmung und dem Abbruchunternehmen den Auftrag, nach Anweisungen von Joachim Kaiser den Grundstein und damit „die Seele eines jeden Bauobjektes“, wie er ihn nannte, zu bergen.
Nachdem dies beschädigungsfrei gelungen war, versprach der Projektleiter, Thomas Leise, die Marmor-Deckplatte in den neuen Grundstein zu integrieren – ein historischer Moment für Joachim Kaiser, den er wie folgt beschreibt:
Herr Kaiser, wie haben Sie die Grundsteinlegung des Neuen Kanzlerplatzes in Bonn empfunden?
Glauben Sie mir, diesen Tag werde ich nie vergessen. Für mich war die Zeremonie unheimlich emotional. Ich hatte an diesem Tag Geburtstag und konnte mir kein schöneres Geschenk vorstellen als das Miterleben der zweiten Grundsteinlegung an diesem besonderen Ort.
Zwei Jahre zuvor mussten Sie allerdings die Sprengung des Bonn-Centers mitverfolgen. Das war sicher nicht ganz einfach. Wie ging es Ihnen dabei?
Sie haben Recht, das war eine Herausforderung. Ich war vom ersten Abbruchtag an recht frustriert. Dann habe ich die Sprengung vom Garagendach des World Conference Centers beobachtet. Und in dem Moment, als die 20 Etagen zu einem etwa 15 Meter hohen Schuttberg zusammenkrachten, schoss mir der Gedanke in den Kopf: ‚Ich muss das Einzige, was vom Bonn-Center übrig geblieben ist, finden – den Grundstein!’ Zum Glück ist mir das ja auch gelungen!
Unglaublich. Woher konnten Sie denn überhaupt nach so vielen Jahren wissen, wo er zu finden ist?
Obwohl ich vom Erfolg relativ überzeugt war, muss ich zugeben: Als der Stein am Seil des Baggers hängend aus dem Sandbett gehoben wurde, kam mir das Ganze wie ein Wunder vor. Das Bild der Grundsteinlegung vor 50 Jahren lief vor meinem geistigen Auge wie ein Film ab. Dieses und auch andere Ereignisse während der Bauzeit haben sich in meinem Kopf verankert. Die Erinnerungen, ergänzt durch Fotos sowie Prospektzeichnungen und Zeitungsausschnitte, ermöglichten die erfolgreiche Bergung.
Können Sie den Moment beschreiben, nachdem Sie den historischen Grundstein geborgen hatten und die Kapsel samt Urkunde in der Hand hielten?
Wie gesagt, es kam uns vor wie ein Wunder. Dass wir den Grundstein tatsächlich unbeschadet bergen konnten, war für uns alle ein Highlight. An dieser Stelle möchte ich auch den beiden Baggerführern für ihren gekonnten Umgang mit ihren riesigen Maschinen und der ausgesprochen vorsichtigen Handlungsweise danken. Ein falscher Schwenk oder eine falsche Bewegung am Hebel und wir hätten den Stein in den Container werfen können. Insgesamt war der Tag absolut überwältigend und ich bin immer noch froh und stolz, dass wir es geschafft haben.
Macht es Ihnen heute Spaß, die Entwicklung am Neuen Kanzlerplatz zu beobachten?
Eindeutig ja! Das, was man auf den Visualisierungen erkennen kann, sieht großartig aus und ich bin überzeugt, dass die Bonner von der Vielseitigkeit des Areals profitieren werden. Außerdem habe ich nette Kontakte zu dem Team von Art-Invest Real Estate geknüpft. Ich verfolge das neue Bauvorhaben, wenn ich Gelegenheit und Zeit dazu habe.
Sie werden den Neuen Kanzlerplatz also besuchen, sobald er fertig ist?
So Gott will und ich eingeladen werde, nehme ich auch an der Eröffnung teil. Die Neugierde und das Interesse sind schon sehr groß.
Wohnen Sie in Bonn?
Ja, seit 1953. Geboren bin ich in Berlin, aufgewachsen im Sauerland und in Bonn. Inzwischen bin ich 77 Jahre alt und lebe seit 1974 in Königswinter.
Was mögen Sie an Bonn und Umgebung?
Bonn ist eine sympathische Mischung aus Klein- und Großstadt. Hier gibt es eine tolle Infrastruktur und maßvolle Lebhaftigkeit. Wo ich wohne, hat man das wunderschöne Siebengebirge unmittelbar vor der Tür. Hier heißt es: ‚Ein Ort, wo andere Urlaub machen’.
Und was unternehmen Sie gerne in Bonn?
Aufgrund des Alters weniger als früher. Mit meiner Frau gehe ich schon mal shoppen oder ins Kino bzw. Theater. Apropos Theater: Das Pantheon war einer der letzten Mieter im Bonn-Center. Ansonsten bleiben wir zu Hause und verbringen je nach Lust und Laune unsere Freizeit bei Freunden oder in Ruhe und Gemütlichkeit in unserem Wohnhaus.
Herr Kaiser, wir bedanken uns für das Gespräch.