Ein Jahr danach: Interview mit Sprengmeister Eduard Reisch
Eduard Reisch ist Sprengmeister und verantwortete 2014 mit dem AfE-Turm in Frankfurt die bis heute höchste Gebäude-Sprengung in Europa. Nicht weniger spektakulär und aufwendig war die Sprengung des Bonn Centers am 19. März 2017. Hier wurde das ca. 65 Meter hohe Gebäude innerhalb von wenigen Sekunden mit 250 kg Sprengstoff, verteilt in 1.500 Bohrlöchern, dem Erdboden gleichgemacht. Nicht ganz: zurück blieb ein 50.000 Tonnen Schuttberg. Auch für diese Sprengung war Eduard Reisch verantwortlich. Pünktlich zum einjährigen Jubiläum der Sprengung haben wir uns mit dem erfahrenen Sprengmeister zum Interview getroffen.
Lieber Herr Reisch, ein Jahr ist inzwischen seit der Sprengung des Bonn Centers vergangen: Mit welchen Erinnerungen denken Sie an den 19. März 2017 zurück?
Es war ein wunderbarer Tag und wir hatten ein erstklassiges Team. Der Tag lief kontrolliert und planmäßig ab und endete in einer Bilderbuchsprengung als krönendem Finale nach drei Monaten Planung. Die Vorarbeit war grandios, so dass ich mit einem guten Gefühl und relativ entspannt am Morgen aufgestanden bin. Auch das Wetter hat perfekt mitgespielt: Der leichte Nieselregen hat die Staubentwicklung eingedämmt, jedoch den Zuschauern das Spektakel nicht kaputt macht.
Was waren die Herausforderungen bei der Sprengung?
Das Bonn Center lag inmitten eines Wohngebiets. Wir mussten also extrem vorsichtig sein, dass bei der Sprengung keine Streuung des Schutts entsteht bzw. diese frühzeitig aufgehalten wird. Gleiches galt für die naheliegende Bahnlinie, die nur für wenige Minuten gesperrt wurde, um einen geregelten Bahnverkehr zu gewährleisten. Wir haben schwere Matten platziert und einen 12 Meter hohen Schutzwall errichtet, um die Umgebung zu schützen. Darüber hinaus lagen wichtige Leitungen im Erdreich, die durch die Erschütterung nicht beschädigt werden durften. Am Ende hat alles reibungslos funktioniert und es gab keine Sach- und insbesondere keine Personenschäden.
Was war ihre schwierigste Sprengung und warum?
Die schwierigste Sprengung war die des AfE-Towers in Frankfurt. Das Gebäude befindet sich inmitten der Frankfurter Innenstadt. Das bedeutet für uns sehr begrenzte Platzverhältnisse und das bei einer Höhe von 117 Metern. Bis heute war das meine schwierigste Gebäudesprengung und darüber hinaus die Höchste in Europa.
Als Sprengmeister ist es ihr Beruf zu zerstören. Würden Sie nicht lieber einmal etwas aufbauen?
Das Sprengen ist für mich keine Zerstörung, sondern Kunst. Meine Motivation ist es, diese Momentaufnahme zu schaffen, die verinnerlicht wird. Ich sehe es auch überhaupt nicht als Zerstörung an, denn in erster Linie schaffen wir damit Platz für etwas Neues.
Welches Gebäude würden Sie gerne einmal sprengen und warum?
In Deutschland ist das Commerzbank-Haus in Frankfurt sicherlich interessant. Nicht etwa weil es so hässlich ist, dass es aus dem Stadtbild verschwinden müsste, sondern aufgrund der enormen Höhe und der herausfordernden Umgebung.
Wie kommt man dazu, Sprengmeister zu werden?
Mein Berufswunsch war es seit jeher, Sprengmeister zu werden. Diesen Beruf übe ich mit voller Leidenschaft aus. Mein Perfektionismus treibt mich zusätzlich an. Es gibt fast bei jeder Sprengung Dinge, die man verbessern kann – auch wenn es oft nur Kleinigkeiten sind. Das motiviert mich zusätzlich mit Hinblick auf den nächsten Job. Darüber hinaus ist jede Sprengung für sich zu betrachten und hat neue Herausforderungen. Es wird also nicht langweilig.